Live-Review: Tarja Turunen & Marko Hietalaam 23.09.2024 in Frankfurt (Batschkapp)


Frankfurt 23.09.2024
Das unfassbare ist geschehen. Niemand hatte damit gerechnet, dass nach der bösen Trennung im Jahr 2005 das alte Gesangsduo von Nightwish wieder zusammen eine Bühne teilen würde. Tarja Turunen und Marko Hietala haben sich nach eigenen Interviewaussagen bereits seit längerer Zeit wiedergefunden. Es entstand die Idee einer gemeinsamen Tour – ein volles Set Tarja-Songs, ein volles Set Marko-Songs und ein paar gemeinsam ausgewählte, zusammen gesungene Highlights. Mit dieser Idee ging für viele Fans und natürlich auch für Traumtänzer und Raaki vom DJ-Team ein Traum in Erfüllung. Also hieß es: Nicht zögern, sondern die Planung vorantreiben und an einem Konzert der Tour teilnehmen. Am 23.09.2024 war es dann endlich so weit.

Die Eröffnung des Abends kam mit einem Touch Nostalgie von der Band Chaoseum (CH).

Was wäre ein Konzert ohne eine gute Vorband? Richtig! Langweilig wäre es. Das (natürlich) sehr musikoffene Radio-Team von ZW freute sich hierbei auf einen ihnen gar nicht unbekannten Namen: Die Nu Metal Band Chaoseum aus der Schweiz. Vom ersten Moment an wussten die Schweizer Jungs das Publikum mitzureisen. Ihr Sound, der sehr stark an die Frühwerke der Nu Metal Legenden KORN erinnert, war ein wahrer Schmaus für die Ohren. Die aufwendigen Bühnenoutfits für das Auge. Belohnt wurde der grandiose Auftritt mit viel Applaus nach Songs wie „Smile Again“, „Unreal“ oder dem (Stand September 2024) neusten Song „Freakin‘ Head“. Große Charme-Offensive gab es übrigens nach dem Konzert, als Teile der Band (u. a. Sänger „CK Smile“) am Merch-Stand Bilder mit Fans machten und Autogramme auf Bildern oder CDs aufmalten. Unser Eindruck? Chaoseum sind eine fantastische Live-Band und bringen den Charme des 90er-Jahre Nu Metals zurück auf die Bühnen der Welt. Eine der besten Vorbands 2024!

Eine legendäre Stimme kehrt endlich zurück: Marko Hietala

Nachdem Chaoseum fertig gerockt hatten, begann der Bühnenaufbau für Marko Hietala. Das Motto: Schlicht, nicht zu überladen, sodass die Konzentration voll auf dem ehemaligen Nightwish-Frontmann und seiner Band lag. Als dann der große Moment kam und Marko ans Mikrofon trat, merkte man ihm die langjährige Bühnenabstinenz (u. a. durch die Corona-Pandemie) überhaupt nicht an – er strahlte, er zupfte seinen Bass und ließ seine unverwechselbare Stimme ertönen. Was man allerdings merkte, war seine Erkältung. Nachdem er Tage zuvor einen Auftritt der Tour absagen musste, wagte er sich bereits kurz darauf wieder vorsichtig auf die Bühne und faszinierte wieder die Fans.

Einen Wehrmutstropfen gab es allerdings. Nicht alle seine Gesangsparts waren live gesungen. Marko stand dazu und sagte, dass er so etwas noch niemals zuvor gemacht habe (und auch nie wieder vorhabe). Allerdings war es ihm wichtig, die letzten Konzerte der Show fertig zu spielen. In Anbetracht der Tatsache, wie viel Mut es benötigt, eine Play-back-Unterstützung zuzugeben und sich trotz sichtbarer Erkrankung auf die Bühne zu stellen, ziehen wir den Hut. Ähnlich reagierte auch das Publikum, das Markos bemühen mit viel Applaus, Freudenschreien und ausgiebigem Headbangen belohnte.

Auf der Setlist befanden sich neben den bekannten, erst 2024 veröffentlichten Songs „Frankentseins Wife“ und „Left On Mars“ (mit Tarja auf der Bühne!) auch ein noch gänzlich unbekannter Song namens „Rebel Of The North“ – ein brachialer Hard Rock Banger! Versüßt wurde das Lied mit der Ankündigung, dass im Jahr 2025 ein neues Studioalbum von Marko und seiner Band erscheinen wird. Ältere Lieder aus Markos erstem Soloalbum „Pyre Of The Black Heart“ (2020) wurden natürlich ebenso gespielt wie einige finnische Intermezzos – z. B. das rhythmische „Juoksen rautateitä“. Unser Fazit: Hut ab vor Marko, der trotz Krankheit die Bühne im Batschkapp zum Beben brachte.

Licht und Schatten beim Auftritt der einzig wahren Symphonic Metal Göttin: Tarja Turunen.

Eine weitere, etwas längere Umbaupause lud die Menge nach Markos Auftritt zum Nachfüllen der Getränke ein. Die Pause zwischen den Auftritten wurde von Teilen der Menge aber auch zum obligatorischen Abstecher zum Merch-Stand, als Raucherpäuschen oder zum gepflegten Austreten genutzt. Etwas mehr als eine halbe Stunde ließ Tarja die Menge warten, als endlich das französisch anmutende Intro des ersten Liedes ertönte. Die Band eröffnete mit hartem Gitarrensound. Dann war es endlich so weit. Sie, die Symphonic Metal Göttin höchstpersönlich schritt unter tosendem Jubel, der sogar das ein oder andere Instrument übertönte, ans Mikrofon. „Eye Of The Storm“, die Single ihres aktuellen Best-Off Albums „Living The Dream“ war das erste Lied ihres Sets. Die Tour trägt denselben Titel – allerdings mit einem Zusatz: „Living The Dream Together“. Das „Together“ steht für die Symbiose aus Tarja und Marko.

Anschließend wurde das Motto einer Best-Of CD zur Realität. Es folgte ein wilder Ritt durch Tarjas bisherige Diskografie, wobei kein Album ausgelassen wurde. Lieder wie „Die Alive“ vom ersten Album „My Winterstorm“ (2007) oder das über 7 Minuten lange „Shadow Play“ vom letzten Studioalbum „In The Raw“ (2019) begeisterten das Publikum. Die großen (Chart)Hits „I Walk Alone“ und „I Feel Immortal“ fehlten selbstverständlich nicht. Spannend wurde es, als Tarja das erste Lied aus ihrer Zeit bei Nightwish anstimmte: „Ever Dream“ vom 2002er Album „Century Child“. Interessant ist an dieser Stelle, dass das Lied vorab auf der Tour nicht gespielt wurde. Der Grund war die Kürzung der gemeinsamen Songs der Ex-Nightwish Sänger wegen Markos Erkrankung. Während auf den vorigen Konzerten der Tour 5 bis 6 Lieder gemeinsam performt wurden, waren es in Frankfurt an diesem Abend nur 3 – „Left On Mars“ im Set von Markos Band, „Dark Star“ und „Wish I Had an Angel“ im Set von Tarja.

Eine kleine Anmerkung unsererseits zur Live-Gesangsstimme von Tarja. Jeder weiß, dass die Liveerfahrung immer anders ist, wie auf dem Album. Dies ist auch bei Tarja der Fall. Wenn man Tarjas wunderschönen Sopran bisher nur von der CD kannte, musste man sich erst einmal daran gewöhnen, dass es live natürlich nicht so umsetzbar ist. Tarja ist schließlich eine ausgebildete Opernsängerin und keine Rockröhre wie Doro Pesch oder Cristina Scabbia (Lacuna Coil). Dementsprechend ist ihre Stimme mehr auf den ruhigen, stehenden Gesang von Arien und eventuell Balladen bestens geeignet. Dieser Eindruck bestätigte sich bei einigen Liedern, als das Gesangstempo und der Gesangsstil von der auf CD gebrannten Vorgabe abwich. Allerdings war es auch Tarja höchst selbst, die betonte, dass sie live gerne etwas mehr Variation und Neuinterpretation in ihre alten Songs bringen möchte. Als große Highlights des Sets stellten sich neben den beiden gemeinsamen Songs mit Marko Hietala die Lieder „Oasis“ (nur mit Keyboard und Tarjas Gesang gespielt) und „Victim Of Ritual“ heraus.

Unser Fazit zu Tarja Turunen und dem ganzen Abend im Frankfurter Batschkapp? Drei wundervolle Konzerte, die zwar stilistisch sehr unterschiedlich waren, aber allesamt eines gemeinsam hatten: eine tolle, friedliche und ausgelassene Stimmung, einiges an Jubel und vor allem viele erfüllte Träume. Schließlich hätten sich viele niemals zu Träumen gewagt, das Tarja und Marko nach einer so langen Zeit eine gemeinsame Tour machen würden. Wir hoffen, dass die beiden in Zukunft weiter gemeinsame Sache machen. Der Grundstein dafür ist definitiv gesetzt und hat in voller Linie überzeugt.

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